Gleich am nächsten Tag brachen der Magier und die Runenritterin wieder auf und buchten eine Schiffspassage nach Ratchet. Dort angekommen, machten sie sich nach einer unauffälligen Umkleideaktion weg vom Goldfuchs hin zu einem verschrobenen Kräutersucher und Alchimisten in einer kunterbunten, leicht angesengten Robe, mit einer Kombination aus Wanderstab und Kräutergrabstock in der Hand und mit wirr in alle Richtung abstehenden Haaren auf den Weg in das Steinkrallengebirge.
Ein Stück hinter der Grenze von den Barrens stießen sie in der verfallenen Ruine eines Tempels oder ähnlichen Gebäudes auf ein kleines improvisiertes Lager, das von einer Orkin und einem Tauren bewohnt wurde. Die Orkin stellte sich als Seherin Stonebreak vor, eine Schamanin, die sich um die zunehmende Rodung der Wälder durch die Venture Company sorgte und für deren Wiederherstellung arbeitete, während der Taure, ein gewisser Makaba Flathoof, ganz andere Sorgen hatte. Von ihnen erfuhren sie, dass es ganz in der Nähe zwei Tauren-Dörfer gegeben hatte, die von einem Räubertrupp aus dem Clan der Grimtotems überfallen und geplündert worden waren, die Bewohner zum allergrößten Teil ermordet. Das Dorf der feindlichen Tauren befinde sich irgendwo in einem Seitental nach Nordosten hin.
Das war der Hinweis, den die beiden Reisenden gebraucht hatten. Sie begaben sich unverzüglich auf die Suche und entdeckten in einem der in Frage kommenden Seitentäler tatsächlich Spuren von Bewohnung. Mit der Lady Silberblatt eigenen Rigorosität kämpften und verhörten sie sich tiefer auf das Gebiet der Feinde vor, doch wirklich Informatives bekamen sie von den Grimtotems, die das Unglück hatten, ihnen zu begegnen, der Häuptling des Clans. Grundig Darkcloud sei wohl von einer Elfin besucht worden, ja, aber Genaues war nicht zu erfahren. Immerhin, der Name des Tauren war ein weiterer Hinweis, und wo etwa im Tal sich sein Tipi befand, ebenfalls.
Den Rest des Weges dorthin legten Shynassar und Kyuri zurück, ohne gar so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Stattdessen bewegten sie sich von Fels zu Fels und von Gebüsch zu Gebüsch, um den Anführer der Grimtotems nicht früher zu alarmieren als unbedingt notwendig. Den Posten, der in der Nähe seines Zeltes Wache stand, schalteten sie aus, doch ansonsten kamen sie unbehelligt bis zu Darkclouds Behausung.
Der junge Adlige wollte noch kurz die Lage sondieren, doch Lady Silberblatt hatte die Situation wieder einmal deutlich schneller analysiert als er und mit gezogener Klinge das Zelt bereits betreten. Shynassar folgte ihr eilig und sah gerade, wie der Dunkeltaure aufbrüllte, sein schweres Kriegsbeil zückte und sich Kyuri entgegenstürzte.
Es kam zu einem erbitterten Gefecht, bei dem Grundig Darkcloud letztendlich den Kürzeren zog. Unglücklicherweise dachte er aber gar nicht daran, sich zu ergeben, sondern kämpfte bis zum Ende.
Von Sionná Sonnenlauf oder ihren Schülern war bei erstem Umsehen keinerlei Spur zu entdecken. Die beiden Sin’dorei sahen ihre Suche mit dem Tod des Tauren schon im Sand verlaufen, oder zumindest deutlich schwieriger werden, doch dann erhielten sie Hilfe von unerwarteter Seite.
In dem Tipi des Anführers fanden sie nämlich eine junge Taurin, die sie erst aus großen, verängstigten Augen anstarrte, doch dann überglücklich war, die beiden Sin’dorei zu sehen. Wie sich herausstellte, hatte Grundig Darkcloud bei dem Überfall auf ihr Dorf Kaya Flathoof, wie sich die Befreite vorstellte, verschont und sie stattdessen als Trophäe verschleppt. Keine Frage, dass der Magier ihr Geleit anbot und die beiden Sin’dorei die Taurin mitnahmen, als sie diesen Ort verließen.
Unterwegs hatte Kaya viel zu erzählen, von sich und ihrer Familie, vom Leben in Camp Aparaje vor dem Überfall, vom Angriff der Grimtotems, von ihrer Entführung durch Grundig Darkcloud und davon, wie der Anführer der feindlichen Tauren sie seither bedrängt hatte, wie es ihr aber bislang glücklicherweise gelungen war, sich seiner zu erwehren, sie sich aber gar nicht vorstellen mochte, was geschehen wäre, wenn Shynassar und Kyuri nicht im richtigen Moment zu ihrer Rettung aufgetaucht wären und Darkcloud getötet hätten.
In ihren Redeschwall und ihre Dankesbezeugungen hinein gelang es Shynassar, eine Frage nach der Magistrix einzuwerfen. Und tatsächlich: Die junge Taurin konnte berichten, dass sich wirklich einige Zeit lang eine blonde Elfin im Lager aufgehalten hatte, das rauhe Leben in Zelten ihr dann aber wohl zu unzivilisiert geworden war. Und außerdem habe sie anscheinend ihre Verhandlungen anscheinend ohnehin mit höherrangigen Vertretern des Grimtotem-Clans weiterführen wollen, und so habe sie vor einigen Tagen das Lager in der Schlucht verlassen. Kaya hatte gehört, wie im Gespräch zwischen der Elfin und dem Räuberhauptmann der Name „Darkcloud Pinnacle“ gefallen war.
Nachdem die beiden Blutelfen ihren jungen Schützling bei den anderen Überlebenden aus Camp Aparaje, vor allem bei ihrem überglücklichen Vater, abgeliefert hatten, beratschlagten sie, wie weiter vorzugehen sei. Makaba Flathoof hatte ihnen gesagt, im Norden, weiter die Schlucht entlang, liege ein weiteres Taurendorf. Dort gebe es ein Gasthaus, wo die beiden Reisenden sicherlich für die Nacht eine Unterkunft finden könnten, da inzwischen der Tag doch schon weit fortgeschritten war. In dem Dorf sollte auch eine Verwandte der Flathoofs leben, die sich bestimmt über Nachricht vom Wohlergehen ihrer Nichte freuen würde.
Gesagt, getan. Nach einigen Stunden langten die beiden Wanderer in dem Dorf Sun Rock Retreat an, lieferten die frohe Botschaft von Kayas Überleben bei Tammra Windfield ab und nahmen dann die Dienste des örtlichen Gasthauses in Anspruch. Shynassar, von der langen Wanderung längst nicht so erschöpft, wie er das noch vor der Reise nach Arathi gewesen wäre, aber dennoch recht müde, legte sich gleich zur Ruhe, während die Todesritterin verkündete, sich zuerst lieber noch einmal draußen umsehen und die Lage sichern zu wollen.