New Orleans – Tage des Teufels (Victor – Teil 1)

Warnung für die Diaries zu „New Orleans – Tage des Teufels“:
Diese Geschichte ist ziemlich extrem, und auch ziemlich bitter. Es werden Themen wie Gewalt und Kindesmissbrauch angesprochen, und es kommt eine Vergewaltigung darin vor. Nicht explizit in den Diaries ausgesprochen, sondern nur angedeutet, aber diese Themen durchziehen die Geschichte. Ein oder zwei Sexszenen gibt es auch. Wer mit solchen Dingen ein Problem hat, sollte diese Beiträge vielleicht nicht lesen.

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 Victor

Die Sonne war untergegangen, aber die Schwüle, ein feuchtes, schweres Tuch, lag noch immer auf New Orleans. Was für ein Gewitter auch immer kommen mochte, es ließ auf sich warten.
Im French Quarter waren schon die Lichter angegangen und die Bars begannen, sich zu füllen. Rauchgeschwängerte Jazzclubs, Cafés in Leder und dunklem Holz und Cocktailbars voller feiernder Studenten drückten sich aneinander und warben sich gegenseitig die Gäste ab.
„Le Chat Noir“ lag in einer Seitengasse und bemühte sich nicht sonderlich um Aufmerksamkeit. Eine rote Laterne über der Tür und ein dezentes Schild, an mehr war der Club nicht zu erkennen. Entweder man gehörte zu den Leuten, die die Katze kannten, oder man tat es nicht – und wenn man es nicht tat, war man auch nicht erwünscht.

Victor Sauvageau kannte den Club. Er musterte das Gebäude durch das Fenster der silbernen Limousine. Der Türsteher, ein Schwarzer in einer leuchtend roten Weste, öffnete ihm die Wagentür und machte eine einladende Geste. Victor schenkte ihm so wenig Beachtung wie der drückende Hitze. Er fragte sich, wie es Audrey geschafft hatte, ihn dazu zu überreden, ausgerechnet hier ihre Abschlussfeier und ihr Konzert abhalten zu dürfen. „Alle machen das Daddy, es so ein exklusiver Club, das wird etwas ganz Besonderes!“ hatte sie gesagt und ihn aus ihren großen blauen Augen angeschaut und, ja, natürlich hatte er ja gesagt. Obwohl Audrey nicht seine leibliche Tochter war, hatte er ihr nie etwas abschlagen können, seit sie mit neun gemeinsam mit ihrer Mutter Amber in sein Leben getreten war.
Amber war tot. Beim Ausritt gestürzt.

Victor nahm die aufblitzende Erinnerung an seine zweite Frau, faltete sie zusammen und legte sie in einer fernen Schublade seines Geistes ab. Jetzt war dafür nicht der richtige Augenblick.
Was seine Tochter nicht wusste, und nicht wissen sollte, war, dass „Le Chat Noir“ mehr als nur ein Nachtclub war. Der vordere Teil war den harmlosen Geschäften vorbehalten, Musik, Drinks, Tanzen, nichts Ungewöhnliches. Ein Ort, an dem man sich mit Geschäftskollegen in einem entspannten Rahmen treffen konnte. Der hintere Teil dagegen bot eine andere Art von Unterhaltung. Charmante Unterhaltung. Unbekleidete Unterhaltung. Sie lohnte sich durchaus, wenn Victor sich auch nicht derart entblößte, sie ihm Club selbst in Anspruch zu nehmen. Wenn, dann bestellte er sich eine Frau seiner Wahl aus dem Club in ein diskretes Hotel.
Ein paar Töne eines Liedes drangen an Victors Ohr. Audrey. Er hätte ihre Stimme überall erkannt. Sie war eigentlich immer am singen, wie eine kleine Nachtigall.
Er lächelte, doch als sich langsam andere Töne unter den Gesang schoben, erstarb sein Lächeln. Es war eine Violine, gut gespielt, aber schnell, panisch, mit plötzlichen Sprüngen und Wendungen, die an den Nerven zerrten.

Victor drehte sich um. Die silberne Limousine fuhr ab und gab den Blick frei auf die andere Straßenseite. Ein Junge saß auf dem Bordstein, den Kopf gesenkt und das Gesicht hinter den Haaren verborgen und fiedelte auf seiner Geige. Im Geigenkasten vor ihm lag Kleingeld.
Victor atmete tief durch. Der verwahrloste Jugendliche war sein Sohn. Er hatte ihn eine Weile nicht mehr gesehen, denn Vic kam nur noch nach Hause, wenn er Geld brauchte. Sein Vater gab es ihm. Er wollte nicht daran denken, wie der Junge sonst seine Finanzen aufbessern würde.
In den letzten Wochen war er noch mehr abgemagert. Er war dünner als Audrey, ein vogelknochiges kleines Geschöpf, das kaum aussah, als könne es sein eigenes Gewicht tragen.
Vermutlich bestand seine ganze Ernährung aus Drogen. Irgendetwas war mit dem Jungen schief gelaufen, irgendwas hatte etwas in seinem Kopf verdreht. Victor wusste nicht, was es gewesen war.
Doch. Er wusste es. Aber auch diese Erinnerung schob er zur Seite und sah sie nicht mehr an.
Vic musste sich nur zusammenreißen. Sich ausnüchtern. Disziplin lernen.

Victor überquerte die Straße und blieb vor seinem Sohn stehen. Es dauerte einen Augenblick, bis der Junge überhaupt bemerkte, dass jemand vor ihm stand. Typisch. Er hatte immer Schwierigkeiten gehabt, andere Leute außer sich selbst auf der Welt zu akzeptieren.
Schließlich hob er den Kopf und begegnete dem Blick seines Vaters. Er zuckte zusammen und die Geige quietschte unmelodisch auf. Für einen Moment starrte er Victor an. Seine Augen hatten so starke Schatten, dass sie wie geschminkt wirkten.
„Sie wollten mich nicht reinlassen“, sagte er dann.
Victor atmete noch einmal durch. „Ich hatte schon gedacht, dass du die Verpflichtung deiner Schwester gegenüber vergessen hast.“
Vic hielt seine Geige fest wie einen Rettungsring. „Sie wollten mich nicht reinlassen…“
„Komm mit“, sagte Victor und ging, ohne sich noch einmal umzudrehen, zur Tür. „Lassen Sie ihn rein, er gehört zu…“ Aber Vic stand nicht mehr hinter ihm, er kam gerade über die Straße gelaufen, die Hände voller Kleingeld, das zwischen seinen Fingern hervorklimperte.
Victor unterdrückte ein weiteres Seufzen. Der Türsteher sah Vic misstrauisch an. Der Junge zwinkerte hektisch und fragte ihn: „Arbeiten Sie hier?“
Victor sah weg. Er wollte nicht mehr als nötig von den Verrücktheiten seines Sohnes wissen. Als er wieder hinsah, ließ der Türsteher mit gequältem Gesichtsausdruck die Münzen in seine Tasche fallen.

Er überließ seinen Sohn seinen Exzentrizitäten und ging voran in den Club. Die ersten Gäste waren schon da, die Dekoration dezent, aber feierlich und die Kellner höflich und zurückhaltend. Die Geschäftsführung hatte ausgezeichnete Arbeit geleistet.
Aber an die Geschäftsführung wollte er nicht denken.
Denn es gab noch einen anderen Grund, aus dem Victor lieber einen anderen Ort für Audreys Feier ausgesucht hätte und dieser Grund hieß Soléne LeGuir. Soléne war die Besitzerin des Clubs, eine dunkelhäutige Schönheit, die einen Raum nur zu betreten brauchte, um ihn zu beherrschen. Victor hatte sie einmal singen gehört und ihre dunkle, rauchige Stimme hatte sich seine Wirbelsäule hochgeschlichen und sich in seinem Kopf festgesetzt. Keine seiner beiden Ehen war besonders von Leidenschaft gekennzeichnet gewesen. Leidenschaft war generell kein Wesenszug, dem Victor eine besonders hohe Priorität einräumte. Aber Soléne… Er träumte von ihr, er dachte an sie und er wollte sie.

Es war ein Gefühl, als würde jemand mit spitzen Fingernägeln über seine Nerven streichen, als Soléne durch die Menge auf ihn zukam. Sie trug ein schwarzes Kleid, hochgeschlossen und langärmlig, aber so eng, dass man jede Kurve und jede Falte ihres Körpers erkennen konnte. Es juckte Victor in den Fingern, sie zu berühren. Stattdessen ließ er die Reaktionen seines Körpers vereisen und beließ es bei einem Blick. Einem Blick, den Soléne sehr wohl bemerkte.
Ihre Zunge fuhr ihr kurz über die Lippen und sie lächelte. „Mr. Sauvageau“, sagte sie und hielt ihm ihre Hand hin. Absicht, da war er sich sicher. Trotzdem nahm er ihre Hand und hob sie an seine Lippen, ohne dabei den Blickkontakt zu brechen. Soléne lächelte. Ihre Haut schien zu vibrieren wie der Brustkorb einer schnurrenden Katze.
„Ich sehe, Sie haben ganze Arbeit geleistet. Ich bin sicher, meine Tochter wird sehr zufrieden mit diesem Abend sein“, sagte er.
„Vielen Dank, Mr. Sauvageau. Ich freue mich immer, wenn meine Gäste zufrieden sind. Egal. in welchem Bereich.“ Sie blinzelte langsam. „Audrey wartet nur noch auf ihren Bruder.“
„Ja, mein Sohn…“ Victor unterdrückte ein weiteres Seufzen, als er sich umsah. Endlich tauchte Vic, einen jungen Schwarzen im Schlepptau, der aussah wie ein Gangbanger. Vielleicht war das aber auch nur eine von diesen lächerlichen Jugendmoden.
„Da ist er. Bitte sorgen Sie dafür, dass er auf dem Weg zu seiner Schwester nicht schon wieder verloren geht.
Soléne nickte. Sie sah hinüber zu Vic und ein amüsiertes Lächeln tauchte auf ihren Lippen auf. Es gefiel Victor nicht.

Seinem Sohn gefiel es genauso wenig. Er sah Soléne an wie ein Kaninchen eine Schlange, dann schaute er auf den Boden, an die Decke, überallhin, nur nicht zu Soléne.
„Komm“, sagte sie mit einem deutlichen Unterton von Spott. „Deine Schwester wartet schon auf dich. Sie braucht deine Unterstützung.“
Victor sah zu, wie Vic Soléne in deutlichem Abstand folgte. Er wusste nicht, welcher Impuls lächerlicher war: Die Frau anzufallen, die seinem Sohn Angst machte oder seinen Sohn zu attackieren, den Konkurrenten um ihre Aufmerksamkeit.
Lächerlich. Vielleicht sollte er sie tatsächlich einmal einladen und mit ihr schlafen. Vielleicht würde das helfen.
Die nächsten Minuten verbrachte er mit dem obligatorischen Smalltalk mit den Eltern von Audreys Klassenkameradinnen. Ihre gesamte Stufe schien nur aus Blondinen zu bestehen, die wie überdrehte Hundewelpen herumhüpften. Er musste sich ungefähr hundertmal anhören, dass es ja sooo coool war, dass er Audrey diese Feier erlaubt hatte. Nicht, dass die Eltern wesentlich bessere Unterhaltung boten. Keiner von ihnen war sonderlich intelligent und einige absolut entnervend. Der schwitzende Mr. Gallswood zum Beispiel, der Victor jedes Mal zur Investition in eines seiner zum scheitern verurteilten Geschäfte bewegen wollte oder die silikonbrüstige Witwe von Richter Kennings, die Victor für einen passenden Sugar Daddy hielt, nachdem sie ihr Erbe in Rekordzeit verschleudert hatte.

Es war eine Erleichterung, als das Licht gedämpft wurde und Victor an einem Tisch in der ersten Reihe Platz nehmen konnte. Ein von Scheinwerfern gezauberter Heiligenschein ging über Audrey auf der Bühne an. Sie hatte ihre Hände nervös vor sich gefaltet und ihre Wangen waren gerötet. Die Aufregung stand ihr, fand Victor. Sie fing an zu singen und die ersten Noten zitterten unsicher in der Luft. Victor sah sie an, bis er ihren Blick einfing, dann lächelte er und nickte ihr zu. „Du bist meine Tochter“, wollte er ihr damit sagen. „Keine Angst.“
Sie lächelte zurück und ihre Stimme erstarkte, fand sich in das Lied ein und trug es. Für einen Augenblick sonnte sich Victor im Stolz auf seine Tochter, dann fiel sein Blick auf seinen Sohn. Er hatte wieder den Kopf gesenkt, so dass Victor seine Augen nicht sehen konnte. Sein Bogen tanzte über die Saiten. Er spielte gut, dass war es nicht, aber wie er da stand, im viel zu hellen Licht der Scheinwerfer, schmal und bedürftig, vor aller Welt entblößt…
So konnte es nicht weitergehen. Vic musste nach Hause kommen.

„Danke, danke“, sagte Audrey. Ihre Augen glänzten, als ihre Freundinnen auf und nieder hüpften und ihren Beifall quietschten. „Bevor ich das nächste Lied singe, wollte ich noch etwas sagen. Ich freue mich sehr, dass ihr alle gekommen seid und mir Gesellschaft leistet. Es ist so aufregend, mit der Schule fertig zu sein.“ Das sorgte für erneutes Quietschen von ihren Klassenkameradinnen. „Ich wollte besonders meiner Familie danken. Meinem Bruder…“ Sie drehte sich zu Vic um, der schon halb hinter der Bühne verschwunden war. Audrey zerrte ihn wieder hervor. „Meinem lieben Bruder, der so wunderbar Geige spielt.“ Vic spähte hinter seinen Haaren hervor und schien unter der Aufmerksamkeit des Publikums zu schrumpfen.

„Und meinen beiden Vätern“, sagte Audrey und Victors stolzes Lächeln gefror. „Meinem Papa, Victor, der immer für mich und meine Mum da war und mich unterstützt hat. Vielen lieben Dank, Papa.“ Ihr glücklicher Gesichtsausdruck kam ins Wanken, als sie Victor ansah und seinen Blick bemerkte. Trotzdem fuhr sie fort: „ Und meinem Dad, den ich ewig nicht gesehen habe, aber der nur für mich hierher gekommen ist. Vielen Dank.“ Jetzt sah sie einen Mann an, der ganz hinten am anderen Ende des Raumes saß. Ein unscheinbarer, verbrauchter Typ. Das war also Timothy, Ambers erster Mann. Sie hatte ihm nicht alles über ihn erzählt, aber genug. Wie sie einen miesen Job nach dem anderen machen oder zu ihren Eltern betteln gehen musste, weil er nie länger eine Stelle behalten konnte, wie er jedes Mal versprochen hatte, das es nächstes Mal besser würde, das nächste Mal, und dann doch wieder nur betrunken auf dem Sofa lag und wie Audrey geweint hatte, weil ihr Vater das Geburtstagsgeld der Großeltern mal wieder in einer Kneipe versoff, zusammen mit dem Feiertag der Tochter.
Er sah genau aus wie der Verlierer, den Victor sich immer vorgestellt hatte. Nie wieder würde dieser Mann ein Teil von Audreys Leben werden.
Victor behielt ein stählernes Lächeln auf dem Gesicht. Nur den Schein bewahren.

Wie konnte sie nur. Ihn einladen und hierher bringen, vor allen Leuten. Öffentlich demonstrieren, dass sie nicht seine Tochter war. Er konnte die Blicke spüren. Er sah, wie sich Mrs. Dyer, die nie ein eigenes Leben gehabt hatte und deshalb nur am Leben anderer Menschen teilnahm, zu ihrer Freundin herüberbeugte und ihr etwas ins Ohr flüsterte. Er wäre gerne zu ihr hinübergangen und hätte sie geschlagen, mit der Rückseite der Hand, wo die Knöchel sitzen. Er hätte gerne gesehen, wie sie sich zusammenkauerte und ihm ängstliche Blicke unter erhobenen Armen zuwarf.
Er sah, wie Terrance Juarez ihn aus seinen Schweineaugen musterte und leicht die Oberlippe verzog, als er die Schwäche des Geschäftskonkurrenten bemerkte. Ihn hätte er gerne durch den Wald rennen sehen, durchgeschwitzt und asthmatisch keuchend, bis dann…

Audrey weckte ihn aus seinen Fantasien: „Aber jetzt wollte ich noch etwas ganz besonderes ankündigen. Eine Überraschung. Mein Bruder ist nämlich auch ein ganz toller Dichter und schreibt selbst Lieder und eines von seinen Liedern wollen wir jetzt vortragen.“
Vic sah sie mit geweiteten Augen an und schüttelte seinen Kopf.
„Komm schon“, sagte Audrey. „Zier dich nicht. Deine Lieder sind toll.“
Vic krümmte sich über seine Geige und wich zurück.

Victor fragte sich, warum seine Kinder sich nicht einfach anständig verhalten konnten. War es so schwer, daran zu denken, wie man auf andere wirkte?
Audrey scheuchte Vic an den Rand der Bühne und setzte mit dem Lied ein. Mit ihrer klaren Stimme klang das Lied wie eine Hymne, aber die Worte… Faulige Früchte am Baum. Rote, betäubende Flüssigkeit. Flüstern aus den Schatten. Blutige Innereien. Geier, kreisend, näher und näher…
Victor griff nach seinem Drink. Das war es, womit sein Sohn seine Zeit verbrachte?
Das Lied war zu Ende, der Applaus verwirrt und zögerlich. Audrey verbeugte sich, Vic floh hinter die Bühne.
Er musste seinen Sohn nach Hause holen. Diese Gedanken irgendwie aus seinem Kopf herausbringen. Ihn geraderücken.
Mit mehr Smalltalk und tausend Hinweisen, wie schön Audrey doch singen würde und dass es ein „interessantes“ Konzert gewesen sei, arbeitete sich Victor zur Bar vor. Er wollte stehen.
Sein Blick blieb kurz an Soléne hängen, die mit dem jungen Schwarzen in Richtung des hinteren Bereiches ging. Alleine. Was für ein Kind sie da mitnahm. Es würde ihr nie geben können, was…

„Oh, Mr. Sauvageau.“ Mrs. Dyer drängt sich neben ihn. „Wie nett, das alles hier. Aber schlimm, wenn so was passiert, wie mit Ihrem Kleinen, nicht?“
Victor ließ den Rotwein in seinem Glas kreisen und sah sie an, ohne zu blinzeln.
Dafür blinzelte sie um so mehr. „Na ja, mit den Drogen und so. Sehr traurig, aber was soll man machen? Was ist es denn? Heroin? Er schaut so mager aus…“
Sie legte Victor eine Hand auf den Unterarm. Er schaute ihre Hand an, dann sie und Mrs. Dyer zuckte zurück.
„Ich will ja nur helfen“, sagte sie, öffnete ihr Täschchen und griff hinein. Doch ihre Hand kam leer wieder hinaus.
„Verstehe“, sagte Victor. „Sie sprechen ja aus eigener Erfahrung.“
„Bitte?“ Mrs. Dyers atmete tief ein, um wenigstens ein bisschen größer zu wirken. „Was werfen Sie mir da vor? Drogen? Also wirklich!“ Sie sah immer ein paar Zentimeter an seinen Augen vorbei.
„Benzodiazepine, nehme ich an“, sagte Victor. „Der Tag ist so anstrengend ohne sie. Sie sollten aber nicht bei jedem kleinen Konflikt danach greifen.“ Er warf ihrem Täschchen einen Blick zu. „Denken Sie also das nächste Mal nach, bevor Sie über meinen Sohn reden.“
Das warme Gefühl in seiner Brust, als sie ihre Tasche an sich drückte und zur Damentoilette floh, hatte nichts mit dem Alkohol zu tun.

„Papa!“ Audrey war an seiner Seite aufgetaucht und hatte seinen Ärmel ergriffen. „Komm mit!“
„Audrey, beruhige dich. Was ist denn los?“ sagte er. Zu einem anderen Zeitpunkt wäre er ihr ohne Anstalten gefolgt, aber das hatte sie sich heute nicht verdient.
„Sie… Sie hat keinen Puls.“ Audrey zerrte an seinem Ärmel. „Was sollen wir denn machen?“
„Wer?“ Er stellte sein Glas auf die Bar.
„Miss Soléne.“
Das reichte. Mit einem großen Schritt hatte er seine Tochter überholt, die sich jetzt von ihm mitziehen ließ.

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