Miami Files – Ghost Story 4

10. März

Gääähn. Guten Morgen. Das war gestern echt nett… aber auch echt lang.

Miami war sehr angetan von der Feier zu ihren Ehren und tanzte mindestens einmal mit uns allen – am meisten aber mit Roberto, und der war es dann auch, der sie nach der Morrigan fragte. 
Sie sei noch hier, sagte Miami: Jemand habe sie verborgen, aber sie sei noch da. Es habe eine Beerdigung gegeben, und dort auf dem Friedhof sei die Morrigan noch anwesend gewesen, aber dann war sie fort. Morrigan habe öfters mal Beerdigungen besucht, die sie ansprachen: Kelten und irgendwie kriegerische Umstände. In diesem Fall war es ein alter, alleinstehender Schotte namens Jamie Macmillan, der in der Royal Air Force gedient hatte und der bei einer Kneipenschlägerei ums Leben gekommen war.

Morrigan sei auch des öfteren am Coral Castle gegeben, erfuhr Roberto noch. Aber was sie dort gemacht hatte, wusste Miami nicht – es gebe Orte, an die sie nicht so richtig hindenke, weil die nicht richtig zu ihr gehörten. Sie konnte und wollte auch nicht näher darauf eingehen, wo diese Orte überall sind, das war ihr unangenehm, und darauf hatte sie keine Lust. Aber was sie Roberto sagen konnte, war, von welchem Friedhof die Morrigan verschwunden ist. Danach war dann Schluss mit Fragen und Feiern angesagt.

Aber diesen Friedhof müssen wir uns natürlich ansehen. Nachher. Erstmal in Ruhe frühstücken. Uns war ja klar gewesen, dass wir lange schlafen würden, also haben wir uns erst für nachmittags verabredet.

Wieder zurück. Oookay, das war einigermaßen schräg, sogar für unsere Verhältnisse.

Am Friedhof fanden wir zuerst einmal den Totengräber und redeten mit dem. Wie sich herausstellte, war das Grab von Macmillan leer und der Sarg fort. Eine kleine Bestechung seitens Edward sorgte dafür, dass der Mann nach dem langen Tag sein Kreuz schonen und einen Kaffee trinken ging und wir uns den Ort in Ruhe noch einmal auf unsere Weise anschauen konnten. Edward war der erste von uns, der es bemerkte, aber nachdem er uns darauf aufmerksam gemacht hatte, konnten wir es alle spüren: eine Art magische Reststrahlung, die sich aber irgendwie anfühlte wie Kopfschmerzen. Und zwar Outsider-Kopfschmerzen. ¡Ay, cólera!

Die Outsider-Kopfschmerzen brachten uns auf den Gedanken, ob die Beerdigung dieses Schotten vielleicht eine Falle gewesen war, in die man die Morrigan gelockt hatte? Dass irgendwer sie in seine Gewalt gebracht und im Nevernever festgesetzt hatte? 

Wir passten auf, dass wir nicht beobachtet wurden, dann brachte Alex uns hinüber. Auf der anderen Seite war der Ort ein endloses Feld von Gräbern mit einer Atmosphäre der Trauer, der Hoffnungslosigkeit und der Isolation. Tatsächlich war alles in schwarz-weiß gehalten, auch wir selbst. Ein tiefer Graben oder Schlund tat sich vor uns auf. Wir fanden Spuren davon, dass jemand hier ein Ritual gewirkt hatte, und zwar kein nettes. Überall saßen Raben, und es lagen Rabenfedern auf der Erde – und zwar eher wie die der Morrigan, nicht wie die von Stefania Steinbach (die in ihrer Dämonengestalt ja ohnehin eher einer Krähe ähnelt.)

Totilas wollte schon losstapfen, aber ich hielt ihn zurück. „Wir sollten uns irgendwie absichern. Nicht, dass wir auch in eine Falle tappen und nicht zurückkommen.“
„Das können wir nicht“, erwiderte Totilas. „Oder zumindest wüsste ich nicht, wie.“
Edward sah sich mit seinen magischen Sinnen um und stellte fest, dass sich hier offenbar der Eingang in eine Unterwelt befindet (vermutlich in Morrigans eigene), der aber so versiegelt worden ist, dass nichts hinein- oder herauskommen konnte: Entweder ist die Morrigan dort eingesperrt, oder jemand will verhindern, dass sie sich dorthin zurückziehen kann.
Das Siegel sollten wir aufbrechen. Nur wie?
Währenddessen war Totilas immer noch ungeduldig. Er hatte in der Ferne eine Gestalt gesehen und wollte wieder losgehen, aber diesmal war es Alex, der ihn zurückhielt. und Alex war es auch, der die Gestalt als Geist erkannte. Totilas hatte erst so ausgesehen, als wolle er trotzdem weiter, aber dann hielt er plötzlich inne und sagte: „Ähm, besser weg hier.“ (Wie sich draußen herausstellte, hatte Totilas‘ Dämon den Geist als jemanden identifiziert, den Totilas‘ in White Court-Manier getötet hatte, was natürlich erklärt, warum er ihm jetzt lieber nicht begegnen wollte.)

Zurück aus dem Nevernever waren wir uns einig, dass wir dieses magische Siegel aber dennoch brechen sollten, ob da jetzt Totilas‘ Opfer in der Nähe war oder nicht. Dazu wird es aber mit einiger Sicherheit wieder ein Ritual benötigen. Irgendwas mit Rabenfedern und blutbefleckten Gewändern und dem Begräbnis eines Schotten vielleicht. Aber das waren nur erste Gedanken, denn dazu sollten wir am besten auch die anderen Guardians involvieren und das nicht alleine auf die Beine stellen. Also gibt es heute abend ein Treffen in der Casa Guardián . Da können wir dann Genaueres besprechen.

Zurück vom Treffen.
Wie erwartet, muss das ein einigermaßen mächtiges Ritual werden – nicht so extrem wie Miami aufzuwecken, aber auch nichts, was Edward mal einfach so aus dem Ärmel schüttelt.
Also wollen wir die Komponentensammlung mal wieder aufteilen.
Es fängt auf jeden Fall damit an, dass ich über die örtliche Veteranenvereinigung versuchen werde, ob ich nicht das Begräbnis eines schottischstämmigen Veteranen finanzieren kann – als Wohltätigkeit deklariert, müsste das doch eigentlich gehen. Wenn das irgendwie klappt, fein. Wenn nicht, müssen wir umdisponieren. Wir haben also noch ein bisschen gebrainstormt, aber nicht zu detailliert, falls das mit dem Begräbnis doch nicht klappen sollte.

12. März

Es klappt aber doch, und zwar sogar ziemlich kurzfristig. Da ist vor einigen Tagen ein gewisser Ian McGowan verstorben – in Schottland geboren, aber als Kind mit seinen Eltern eingewandert und eingebürgert. Einfacher Soldat im Vietnamkrieg, nie größer Karriere gemacht, verarmt, keine Familie. Ich habe eine Ausrede gesponnen, dass ich für meinen nächsten Roman recherchieren will und mich in diesem Zusammenhang erkenntlich zeigen möchte, und das hat man mir anstandslos abgekauft und wird mir ermöglichen, die Beerdigung dieses Ian McGowan nicht nur zu finanzieren, sondern auch deren Ablauf zu beeinflussen. (Das mit der Recherche war sogar nicht mal gelogen – jetzt, wo Firebrand* fertig ist und der Veröffentlichungstermin steht, habe ich angefangen, mir über den nächsten Band genauere Gedanken zu machen. Erste Ideen habe ich schon: Es soll um Totenkulte und Wiedergänger und so Sachen gehen; mal sehen, wie der Titel wird.)
Aber jedenfalls können wir jetzt nochmal genauer planen, wer was zum Ritual beitragen kann.

16. März

Heute ist Ians Begräbnis. Bevor ich losfahre, noch ein paar Worte dazu, wer jetzt genau was macht.
Ilyana und Febe sind ja nach dem Kampf am Kai (Alliteration for the win) noch nicht wieder weit genug auf dem Damm, um bei dem Ritual aktiv mitwirken zu können, aber sie waren fit genug, um an den Besprechungen teilzunehmen und ihre Ideen einzubringen.

Jedenfalls: Alex hat in den letzten paar Tagen einen zu Ians Leben passenden Grabstein gestaltet, inklusive eines Hinweises auf die Morrigan. Edward hat indessen Begräbnisrituale nach dem Kult der Morrigan recherchiert und wird dafür sorgen, dass sie bei der Beerdigung auch entsprechend angewandt werden.
Roberto hat herausgefunden, dass es einen Tequila namens „José Cuervo“ gibt, und Cuervo heißt ja Rabe, also wird er davon einige Flaschen besorgen und die für einen Umtrunk zu Ehren des Verstorbenen mitbringen. Makaber? Vielleicht, aber gibt es nicht gerade in der gälischen Kultur die Tradition der Totenwache bzw. des Leichenschmauses? Also warum nicht ein Umtrunk? Und ja, statt eines Tequila hätte es auch einen schottischen Whisky namens „Old Raven“ gegeben, aber immerhin sind wir im spanischsprachigen Miami, also passt das mit dem Tequila gar nicht so schlecht. Ein Umtrunk braucht natürlich auch Gäste, deswegen hat Roberto seine Kontakte spielen lassen und einige seiner Bekannten eingeladen, während ich dafür gesorgt habe, dass Ians Veteranenfreunde nicht nur von der Beerdigung erfuhren, sondern explizit eingeladen wurden. Familie hatte Ian ja keine, aber ein paar Freunde aus seiner Vergangenheit können sicherlich nicht schaden – dass es bei einer der Morrigan gewidmeten Trauerfeier auch noch Soldaten sind, kann sicherlich nichts schaden.
Angel hat ebenfalls recherchiert und einen Nachruf auf Ians Leben geschrieben, während Ximena von ihrer irischen Großtante ein Trauergedicht auf Gälisch besorgt hat. Cicerón wiederum sagte, er habe einen schottischen Armeerevolver auftreiben können. Das ist zwar etwas moderner als das Schwert, das man aus den Mythen so von der Morrigan kennt, aber immerhin ist es auch eine passende Waffe zur Erinnerung an eine keltische Kriegsgottheit. (Cicerón ist übrigens auch noch immer ziemlich angeschlagen, und eigentlich hätte ich gedacht, er sollte sich beim Ritual vielleicht noch schonen, aber nachdem Febe beim Brainstorming ziemlich spitz fallen ließ, dass irgendwer von den Santo Shango ja doch wohl irgendwann wieder fit sein würde, knurrte Cicerón und war natürlich fit genug, um mitzumachen, auch wenn er sich mit Totengottheiten nicht größer auskennt. Das macht aber nichts, einen Experten für Totengottheiten haben wir ja in Bjarki.
Der wird übrigens kurz vor Beginn der Zeremonie in Rabengestalt losfliegen und einige Raben als ‚Gäste‘ zusammentrommeln, und Dee hat zum einen die Barriere, die wir aufheben wollen, in den letzten Tagen eingehend studiert, wird zum anderen selbst mit gewissen Schutzzaubern dafür sorgen, dass hoffentlich alles störungsfrei abläuft und vor allem, da sie unsere Ward-Spezialistin ist, die Leitung des Rituals übernehmen.

In knapp einer Stunde muss ich los – drückt die Daumen, dass alles kappt, Römer und Patrioten!

*ich weiß, der Name passt nicht in das Zweiwortmuster der bisherigen Titel, aber das stört mich nicht – im Gegenteil zum Verlag. Der wollte mir Fire Brand als Titel aufschwatzen, um im Muster zu bleiben, aber das hat mich gestört, da habe ich mich geweigert. Das ist nicht nur albern, sondern das wäre einfach nur falsch gewesen!)

Mierda, mierda, mierda. Das war… mierda. So ziemlich alles schiefgegangen, was nur schiefgehen konnte. Das muss ich erst noch etwas verarbeiten. Nachher mehr.

So. Jetzt. Hoffe ich jedenfalls.

Anfangs lief eigentlich alles soweit so gut. Eigentlich. Anfangs. Während der Beerdigungszeremonie führten unsere Magie-Spezialisten unter der Leitung von Dee parallel das Ritual durch. Das fiel auch gar nicht groß auf – nur dann fing plötzlich der Tequila, den Roberto an die Gäste der Trauerfeier ausgegeben hatte, an zu brennen… und dann zogen auch schon erste dünne Rauchfäden aus dem Grabkranz auf. Vermutlich irgendeine Interferenz zwischen der Magie des Rituals und dem leicht entzündlichen Material – ich hoffe jedenfalls, dass es das war, und nicht irgendwas an mir und meiner immer mal wieder auftretenden ‚Affinität‘ zu Feuer, haha.
Jedenfalls eilte ich zu einem der nahegelegenen Brunnen, schnappte mir eine der Gießkannen und versuchte, dass Feuer zu löschen, aber irgendwie half das nichts. Nicht nur richtete ich nichts aus, sondern der dünne Rauchfaden aus dem Grabkranz wurde zu offenem Feuer, und gleich darauf stand auch das Gras in Flammen.
Ich wusste mir nicht anders zu helfen, als die Magie in mir anzuzapfen und einen Regenguss herbeizuzaubern: einen plötzlichen Platzregen, wie er im Sommer immer mal wieder auftritt, wenn der Himmel eigentlich noch blau ist und die Wolken eigentlich größtenteils hell, und ein Regenbogen zu sehen ist. Das wirkte, auch wenn das Feuer und der plötzliche Regen natürlich nicht unbemerkt geblieben waren. 

Aber andererseits waren die Anwesenden … beschäftigt*. Einerseits achteten sie natürlich auf die  Beerdigung selbst, aber zum anderen kam es zu gewissen Spannungen zwischen Ian McGowans Mit-Veteranen, die ihrem Waffenbruder die letzte Ehre erweisen wollten, und der Gruppe Latinos, die Roberto eingeladen hatte. Die waren nämlich vor allem wegen des Tequilas da, und als einer der Veteranen einen von ihnen sagen hörte „Wer ist nochmal dieser Ian? Ach der Tote?“, da wäre es beinahe zu einer Prügelei gekommen, die Roberto aber zum Glück mit einigen wohlgesetzten Worten an beide Gruppen („Wir sind doch alle hier, um Ian zu betrauern, und wir sind doch alles echte Patrioten hier“) verhindern konnte.

Zu einer Prügelei kam es dann aber doch, wenn auch ein Stückchen abseits, weil Edward von einem der Veteranen erkannt wurde, den er wohl in der Vergangenheit mal verhaftet hatte, weil er eine Waffe bei sich getragen hatte. Der Typ hatte auch diesmal eine Waffe dabei und fing an herumzupöbeln, ob Edward ihn etwa wieder verhaften wolle. Edward erkannte in dem Mann eine Art verwandte Seele, oder zumindest war ihm bewusst, dass die Streitlust dessen Art und Weise war, seinem Schmerz über den Verlust seines Kameraden Ian Ausdruck zu verleihen. Edward wollte ihm die Möglichkeit geben, sich abzureagieren, aber ohne dass die ganze Beerdigung eskalierte, weswegen er ihn mit einem „Ich habe damals meinen Dienst verrichtet – du weißt, wie das ist, du warst Soldat. Jetzt bin ich hier privat, aber wir können das gerne da drüben klären, damit wir hier nicht stören“ ein Stück weg lotste. Dort prügelten die beiden sich tatsächlich, bis Edward den Mann immobilisierte und entwaffnete und der sich mit einem „Lass mich los, ist ja gut, Blödmann“ geschlagen gab.

Totilas indessen wurde als Raith erkannt, und plötzlich wollten ziemlich viele Leute was von ihm, egal wie oft er sagte: „Sie müssen mich da mit wem verwechseln“. Und Alex zu guter Letzt spürte eine Stelle, an der die Grenze dünner wurde und eine Präsenz dahinter, die dort hindurchkommen wollte. Er stellte sich zwischen Dee und diese dünne Stelle, um seine Schwester beschützen zu können, aber bei der Präsenz handelte es sich nur um den Geist von Ian McGowan selbst, der von der anderen Seite neugierig-sehnsüchtig zuschaute. Und Alex wäre nicht Alex, wenn er da nicht reagiert hätte: „Komm her, feiere deine letzte Feier mit“, sagte er und ließ Ian in sich ein. Er kannte zwar kaum jemanden von den Anwesenden, aber seine Enkelin war gekommen, und das freute den alten Mann. Er hatte zu Lebzeiten nicht sehr viel Kontakt zu seiner Familie gehabt: Jetzt konnte er wenigstens mit seiner Enkelin einen versöhnlichen Abschluss finden, und anschließend half Alex dann, ihn weiterzuschicken.

All diese Dinge schufen eine gute Ablenkung für Dee, um in Ruhe das Ritual zu beenden. Und sie ließ sich auch ausreichend Zeit, weil es ja keinen Grund gab, die Sache zu überhasten und ein Risiko einzugehen. Wieder war Alex derjenige von uns fünf, der spürte, wie etwas zu knirschen begann und dann schließlich etwas brach. Damit war das Ritual beendet, und Dee setzte sich erst einmal hin – sie war zum Glück nicht verletzt oder dergleichen, aber etwas ausgepumpt eben doch. 

Im selben Moment, wie die Barriere gebrochen war, flogen die Raben auf den Bäumen mit einem Kreischen auf, und zwei oder drei von ihnen flogen auch genau in den Durchgang hinein. Von den Trauergästen merkte glücklicherweise kaum jemand etwas – die Latinos und die Veteranen hatten allesamt dem Tequila kräftig zugesprochen, und Ians Enkelin war gerade noch mit ihrem Großvater-in-Alex‘-Körper im Gespräch.

Nachdem sich die Trauergesellschaft zerstreut hatte und wir alleine vor Ort waren, brachte Alex uns wieder ins Nevernever. Wie zuvor landeten wir in einer weiten, hügeligen, mit Ginster bewachsenen und von Nebel durchzogenen Landschaft mit knorrigen Bäumen, auf deren kahlen Ästen Raben saßen – eben wieder in dieser Art Totenweltversion der schottischen Highlands.
Edward spürte, dass Vollmond war und dass seine Wutbestie sich in ihm regte – aber etwas an diesem Vollmond hier gefiel ihm nicht, widerstrebte ihm. Für uns Außenstehende, die wir das in dem Moment ja noch nicht wussten, stellte sich das so das, dass er sichtlich nervös wurde und seinen magischen Handschuh anzog. Totilas hingegen merkte, dass die Raben in den Bäumen ihn anstarrten, ganz gezielt, und sie hassten ihn.
Aber auch Roberto und ich spürten etwas, nämlich dass unsere Verbindung zu Oshun bzw. Sommer mit einem Mal abrupt verschwunden war. Was mich betraf, so merkte ich das unter anderem daran, dass Jade – die ich ja die ganze Zeit als Füllfederhalter bei mir getragen hatte – jetzt als magieloses graues Katana zu Boden fiel, mich aber glücklicherweise dabei nicht verletzte.

Bei Alex waren die Dinge nicht groß anders, als wir sie normalerweise von ihm auch kennen, wenn wir ihn im Nevernever zu Gesicht bekommen – dort äußert sich die Tatsache, dass er von Eleggua gezeichnet ist, ja üblicherweise darin, dass um ihn herum eine gewisse Aura spürbar ist, etwas wie ein dünner Schleier, gewissermaßen die Essenz von Eleggua, die sich über Alex legt. Nicht, dass sich Alex‘ Gesicht direkt verändern würde, aber seine Hautfarbe ist im Nevernever dunkler als sonst, und seine Kleidung scheint Elegguas typische rot-schwarze Färbung anzunehmen. Das war hier jetzt auch so – offenbar trägt der Mantel Elegguas – anders als mein Sommermantel oder der von Robertos Oshun – genug Merkmale, die auch genau hierher passten und deswegen nicht verwschwanden. Oder so ähnlich jedenfalls haben wir es uns hinterher zusammengereimt.

Die Raben auf den Bäumen sammelten sich, flogen zu Boden und verwandelten sich dort in menschliche Gestalten. Alex identifizierte sie als Tote, während Totilas erkannte, dass die meisten von ihnen so aussahen, als seien sie durch den Kuss eines White Court gestorben. Sie starrten Alex und Totilas wütend an, während einige, die eher so aussahen, als seien sie zerrissen worden, dasselbe mit Edward taten. Die Toten trugen Waffen, griffen aber nicht direkt an.

Aus der Menge löste sich Eoife. Auch sie sah alles andere als glücklich aus, während sie Alex direkt ansprach: „Willkommen, Abgesandter von Eleggua. Was führt dich hierher, und warum bringst du diesen“ – sie zeigte auf Totilas – „mit dir?“
„Weil wir als Gruppe unterwegs sind“, erwiderte Alex: „Wir sind auf der Suche nach der Morrigan.“
„Die Morrigan ist nicht hier, aber das habe ich euch schon einmal gesagt.“
„Wir wussten nicht, ob sie hier drinnen eingesperrt wurde oder ob ihr jemand den Weg hier hinein versperrt hat“, warf ich ein, nachdem Alex nicht so aussah, als ob er auf Eoifes Aussage etwas antworten wollte, „deswegen haben wir den Weg wieder geöffnet. Wenn sie nicht hier ist, dann ist ihr wohl der Weg versperrt worden.“
„Verhandeln wir jetzt mit denen?“, fragte einer der Toten und machte schon Anstalten, seine Waffe zu ziehen, aber Eoife hielt ihn zurück: „Sie sind Gäste hier.“ „Hast du sie etwa eingeladen?“ „Ja.“
Bei dieser Antwort ließ der Mann seine Waffe tatsächlich wieder los, aber so richtig glücklich sah Eoife nicht aus… es stimmte ja auch nicht so richtig hundertprozentig, dass wir auf ihre Einladung hier waren.
„Wenn ihr den Weg geöffnet habt, warum ist die Morrigan dann nicht hier?“, fragte Eoife mit einem misstrauischen Blick auf Totilas.
„Das weiß ich nicht“, erwiderte ich, „ich weiß nur, dass der Weg wieder offen ist.“
„Dann kommt mit“, sagte Eoife, „Wenn der Weg offen ist, dann können wir sie vielleicht zum Thron rufen.“

* auch wenn ich das alles, was ich jetzt wiedergebe, im vollen Detail erst hinterher mitbekam, als die anderen es erzählten. Aber jetzt nur anzudeuten und auf der nächsten oder übernächsten Seite chronologisch korrekt nochmal aufzugreifen, wäre auch albern, also jetzt schon hier in ausführlich.

3 Kommentare

Eingeordnet unter Fate, Miami Files, Pen & Paper

3 Antworten zu “Miami Files – Ghost Story 4

  1. BobMorane

    Es gibt wieder was zu lesen. :)
    Schön das Du Zeit gefunden hast, um weiter zu schreiben.

    Gefällt 1 Person

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