[Karneval der Rollenspielblogs] März 2018: „Tips für neue Spielleiter“

Weil im Februar das Karnevals-Thema, passend zum Monat, „Olle Kamelle“ lautete und damit von Dnalor, dem Ausrichter des Karnevals, explizit alte Beiträge gemeint waren, die für vergangene Umzüge nicht fertiggestellt wurden oder bei denen die Blogger inzwischen einen neuen Blick auf ein altes Thema haben bzw. Ergänzungen anbringen wollten, habe ich mich nicht beteiligt. Denn ich habe ja überhaupt erst vor 3 Monaten bei meinem ersten Karneval mitgemacht, und so oll, dass ich da gleich etwas Neues dazu schreiben müsste, waren die Dezember- und Januar-Kamelle denn doch nicht.

Im März allerdings stellt Infernal Teddy von Neue Abenteuer ein sehr interessantes Thema in den Raum, bei dem ich mich doch wieder beteiligen möchte. Und zwar geht es um:

Tips für neue Spielleiter

Ich bin zwar alles andere als sicher, ob ich großartig neue Aspekte einbringen kann (ähm, nein – es gibt nichts Neues unter der Sonne), aber  meine ganz persönliche Sicht auf das Thema möchte ich doch loswerden. Mit anderen Worten: Welche Dinge würde ich neuen Spielleitern mit auf den Weg geben, wenn wir uns von Angesicht zu Angesicht und persönlich über das Thema unterhalten würden?

Keine Angst

Wie gesagt, ich erzähle hier nichts Neues, und was ich hier sage, wird bestimmt auch in ganz vielen anderen Beiträgen zu diesem Thema genannt werden, aber, und ganz wichtig: Hab keine Angst, dich als Spielleiter zu versuchen. Trau dich. Anfangs mag es wie eine große Sache erscheinen, aber Spielleiten ist kein Hexenwerk, und es macht riesigen Spaß mitzuerleben, wie die Charaktere das geplante Abenteuer umsetzen.
Hab keine Angst, deinen Spielern zu sagen, wenn du dir mal bei irgendwas nicht sicher bist. Es ist noch kein SL vom Himmel gefallen, und die sollen es erstmal besser machen. Meiner Meinung nach ist es besser, einen solche ‚Schwäche‘ zuzugeben, als sich immer tiefer in die Probleme zu verstricken.

Spieler einbeziehen

Vielleicht findet ihr ja gemeinsam eine Lösung, wenn es bei dir gerade ein klein bisschen hakt – Spieler haben oftmals sehr coole Ideen. „Sag du es mir“ ist eine wunderbare Lösung, wenn ein Spieler nach etwas fragt, was für dein Abenteuer bislang keine große Rolle gespielt hat, was du dir deswegen auch nicht im Detail ausgemalt hast und wofür dir daher nicht auf Anhieb eine Antwort einfällt. Natürlich ist das nichts, was du nutzt, wenn es ganz fundamental gegen deinen Plot gehen würde – aber in bezug auf die ganz fundamentalen Gegebenheiten deines Plots hast du dir ohnehin schon Gedanken gemacht, darauf bezieht der Tip sich nicht.

Grundpfeiler des Plots

Was sind sie aber, diese fundamentalen Gegebenheiten, diese Grundpfeiler deines Plots, über die du dir vor Spielbeginn im Klaren sein und die du während des Spiels nicht aus den Augen verlieren solltest?
Meiner Meinung nach ist es nützlich, die folgenden Dinge im Vornherein zu wissen/zu planen:

  • Was ist geschehen? Mit anderen Worten: Was ist der Hintergrund der Geschichte, auf die du die Spielercharaktere loslassen willst; was ist die Ausgangssituation ab dem Moment, an dem die Charaktere in den Plot hineingezogen werden? Wer hat was warum getan, damit die Situation so geworden ist, wie die SCs auf sie treffen?
  • Was würde passieren, wenn die Spielercharaktere nicht eingreifen würden? Gibt es einen Zeitplan, der fix im Hintergrund abläuft?
  • Wer sind die für den Plot wichtigen NSCs? Und wie sind sie? Was sind ihre grundlegenden Eigenschaften und Motivationen? Wie sind die NSCs drauf? Diese Details ungefähr im Kopf zu haben, macht es leichter, die NSCs auf unerwartete Aktionen der SCs reagieren zu lassen.

Flexibilität

Denn es wird unerwartete Aktionen und Reaktionen seitens der Spieler geben, das ist gleich mal mit der allererste Grundsatz beim Leiten. Meiner Meinung nach ist es dann keine sonderlich begrüßenswerte Vorgehensweise, die Spieler partout auf den vorgeplanten Pfad zurückdrängen zu wollen, sondern ich halte es für besser, sich dann auf diese neue Richtung einzulassen. Und da kommt dann eben wieder die NSC-Motivation ins Spiel. Wenn ich weiß, wie ein NSC charakterlich drauf ist – ob er jähzornig und unbeherrscht reagiert oder alles dreimal überdenkt, ein Geizhals ist oder insgeheim am liebsten alles hinwerfen würde -, dann hilft mir das, auf ungeplante Wendungen im Spiel organisch zu reagieren. Du musst auch keine Scheu haben, zu deinen Spielern zu sagen: „Oh wow, sorry, darüber muss ich erstmal nachdenken, gebt mir ein paar Minuten.“ Das ist mir in meiner Karriere als Spielleiterin bisher dreimal passiert, und alle drei Male konnte ich das Dilemma, vor dem ich stand, während der kurzen Pause zufriedenstellend lösen und danach entspannt weiterleiten.

Klischees und Tropen

Scheue dich nicht, dir Beispiele aus Büchern, Film oder Fernsehen zu suchen, um deine NSCs und die Orte der Spielwelt überzeugend und lebendig darzustellen. Wenn du ein genaues Bild vor Augen hast, dann beschreibt es sich leichter, als wenn du einfach nur von einer nüchternen Textbeschreibung ausgehst. Du willst eine strenge Lehrerin darstellen? Warum nicht jemanden aus deiner eigenen Schulzeit ‚channeln‘? Ein süffisant-arroganter Butler soll auftreten? Dann lass‘ ihn ruhig so sprechen wie den Butler, den du letztens im Fernsehen gesehen hast. Du willst eine genauere Beschreibung der Bibliothek liefern, in der sich die Spieler gerade aufhalten? Dann beschreibe die Stadtbibliothek, in der du dich früher gerne aufgehalten hast. Oder es muss auch keine Bibliothek sein, aber du weißt schon, was ich meine.
Übrigens schadet es auch nichts, für die Charakterisierung von NSCs gelegentlich auf bekannte Klischees zurückzugreifen. Nicht jeder Sheriff muss grauhaarig, schnauzbärtig und ruppig sein, und vielleicht sollte nicht jeder der von dir als NSC eingeführten Professoren Tweed tragen und über seine Halbmondbrille zerstreut in die Welt blicken, aber die Verwendung von Klischees und Tropen kann dir das Leben tatsächlich um einiges leichter machen, auch und vor allem, da sie für deine Spieler einen gewissen Wiedererkennungswort bieten.

Coachen lassen

Wenn du anfangen willst mit dem Spielleiten, such‘ dir ruhig Hilfe. Das heißt nicht, dass du jemanden ganz und gar abkupfern musst: Am Ende wirst du deinen ganz eigenen Stil entwickeln und merken, wie du selbst als SL am besten tickst. Ob du gerne improvisierst oder dich gerne detailliert vorbereitest. Und lass dich inspirieren. Wenn du bei anderen SLs spielst, scheue dich nicht, sie zu fragen, wie sie dies oder das Problem angegangen sind oder wie sie dies oder das gemacht haben. Wenn dir beim Spielen mit einer anderen SL Dinge auffallen, die dir besonders gut gefallen, z.B. eine bestimmte Technik oder ein bestimmtes Stilmittel, dann merke es dir, nimm es mit und verwende es in deinen eigenen Runden selbst. Und andersherum genauso: Wenn dir etwas auffallen sollte, das du gar nicht magst, dann packe es auf deine mentale ‚No Go‘-Liste.
Außerdem gibt es an unterschiedlichen Stellen Hilfe und Coaching-Angebote für angehende Spielleiter, z.B. Workshops zum Spielleiten auf der Drachenzwinge. Und falls du Geld ausgeben wollen solltest, gibt es auch einige Bücher, die sich mit der Thematik beschäftigen, so z.B. das deutschsprachige ‚Spielleiten‚ von Dominik Wäsch, zu dem Thema finden sich aber auch zahlreiche Bücher auf Englisch.

Regeln und Spielwerte

Von den Regeln habe ich bisher noch gar nicht gesprochen. Aber die solltest du zumindest einigermaßen kennen. Du musst nicht jedes kleinste Detail wissen, aber zumindest die ’normalen Grundregeln‘ solltest du kennen – oder zumindest so im Blick haben, dass du einigermaßen verzögerungsfrei reagieren kannst. Dafür empfiehlt sich ein so genanntes ‚Cheat Sheet‘, also ein Spickzettel, auf dem die wichtigsten Regeln in Kurzfassung stehen, damit du zumindest für die normalen Proben nicht immer blättern musst.

Meine Empfehlung für während des Spiels: Lass deine Spieler nicht zu oft würfeln, sondern vor allem dann, wenn etwas von dem Wurf abhängt, wenn etwas auf dem Spiel steht. Ob auf dem Weg zurück vom Theater gleich ein Taxi verfügbar ist oder nicht – nicht wichtig. Irgendwann kommt ein Taxi und gut. Wenn das Verlassen des Theaters allerdings mit einer wilden Verfolgungsjagd einhergeht, weil die Gruppe dort den Ehrengast erschossen oder den unschätzbar wertvollen Diamantarmreif der Hauptdarstellerin gestohlen hat – ja dann… dann ist es absolut interessant und relevant, wann und wie und vor allem wie schnell die SCs dort wegkommen.

Ein weiterer Punkt, den ich bisher noch nicht genannt habe: Spielwerte für die NSCs. Bei vorgefertigten Abenteuern hast du es da leicht, da nimmst du einfach, was auf dem Papier steht. In den Regelwerken der verschiedenen Spielsysteme finden sich ja auch immer die Werte für Beispielpersonen, -tiere oder -monster. Wenn du aber selbst einen NSC bastelst, dann halte dich nicht mit jeder Kleinigkeit auf. Gib jedem NSC diejenigen Werte, die für ihn relevant sind. Endgegner des Kampfes? Klar, gib ihm Kampfwerte und Stunts oder Feats oder Talente oder  wie auch immer die Besonderheiten im von euch gespielten System jeweils heißen. Wundschwellen oder Trefferpunkte oder was auch immer euer System verwendet, braucht so ein Endgegner natürlich auch. Aber für alles andere kannst du mit der etwas gröberen Kelle mauern. Grundlegende Werte, falls es an etwas anderes geht als ans Kämpfen, also z.B. für Willenskraft oder soziale Fertigkeiten, sind prima – aber da musst du nicht nicht zu sehr verkünsteln. Bei einem reinen Sozial-NSC, der vermutlich nicht für den Kampf relevant sein wird, ist es genau andersherum. Und für unwichtigere NSCs fährst du mit der Grundregel ‚die können alles durchschnittlich‘ ohnehin meist recht gut.

Der Spaß

Und zu guter Letzt: Rollenspiel ist ein Hobby. Ein wunderschönes, vielseitiges Hobby, das einen über Jahre mitreißen und in unzählige fremde Welten entführen kann, aber es ist ein Hobby. Ein Spiel. Vergiss den Spaß dabei nicht. Der darf bei aller Anstrengung, die du vielleicht in die Vorbereitung und Ausarbeitung und all das stecken magst, nie zu kurz kommen. Und mit diesen Worten will ich auch schließen:

Viel Spaß, genieß‘ es, und schön, dass du dabei bist!

 

3 Kommentare

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3 Antworten zu “[Karneval der Rollenspielblogs] März 2018: „Tips für neue Spielleiter“

  1. Ein schöner Artikel :)
    Ergänzen würde ich nur noch, dass man nach dem Spieleabend auch nach Feedback bei den Spieler fragen kann. Gerade wenn man etwas neues ausprobiert hat, kann an so gut ausloten, ob es so angekommen ist, wie man sich das vorgestellt hat und ob es gefällt.

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