[Karneval der Rollenspielblogs] April 2018: Feen

Ich habe an anderer Stelle ja schon einiges darüber berichtet, welche Rolle Feen in unseren Spielrunden bisher schon so gespielt haben. Und eben weil ich an anderer Stelle schon das eine oder andere erwähnt habe, musste ich eine ganze Weile überlegen, was für einen Beitrag ich für den aktuellen Karneval der Rollenspielblogs schreiben könnte, der diesen Monat von Blechpirat ausgerichtet wird und sich mit dem Thema „Feen“ beschäftigt.

Für diesen Umzug würde sich natürlich anbieten, ein weiteres Mal über die Feen zu schreiben, denen meine Charaktere im Laufe meiner Rollenspielkarriere schon so begegnet sind , aber damit ich mich nicht wiederhole, werde ich, glaube ich, lieber darauf eingehen, was Feen im Spiel für mich ausmachen, was deren Erkennungs- und Alleinstellungsmerkmale sind und wie ich sie als Spielerin gern dargestellt sehen möchte bzw. wie ich selbst sie gern darstelle, wenn ich die Spielleitung innehabe.

Dabei möchte ich nach den unterschiedlichen Gruppen von Feen unterscheiden, wie ich sie zumindest für mich differenziere. Andere Leute und andere Spielgruppen legen da bestimmt andere Klassifizierungen oder andere Kriterien an, aber das sind die Kategorien, in denen ich persönlich denke, wenn es um Feen geht.

Blütenfeen

Fangen wir mit den kleinsten Vertretern ihrer Art an. In meiner Vorstellung sind Blütenfeen (also die kleinen Menschlein mit Flügeln à la Tinkerbell und Konsorten) nicht dumm, aber häufig verspielt und von ihren Wesenszügen her eher unbeschwert. Sie neigen dazu, eine eher kurze Aufmerksamkeitsspanne zu haben und sich leicht ablenken zu lassen; sie sind nicht seicht oder gefühllos und empfinden durchaus intensiv, lassen sich aber nach unglücklichen Momenten auch schnell wieder trösten und sind bald wieder fröhlich. Ein bisschen kindlich vielleicht, aber nie wirklich albern. Zumindest versuche ich, sie so rüberzubringen, wenn ich selbst (bisher meist als SL, ein solches Wesen als SC hatte ich meiner Erinnerung nach noch nie) Blütenfeen darstelle.

Humanoide Feen

Eigentlich ist „humanoide Feen“ der falsche Begriff, denn auch Blütenfeen sind ja humanoid, weil sie aussehen wie winzige Menschen mit Flügeln. Aber mir ist kein besseres Wort eingefallen, und für diesen Artikel verwende ich den Begriff „humanoid“ so, dass er Feen von menschenähnlichem Aussehen und menschenähnlicher Größe umfasst.
Bei diesen Feen kann man wunderbar mit der Fremdartigkeit im Ähnlichen arbeiten, finde ich. Hier sind ja einige, wie nenne ich das, Sets von Vorstellungen oder Tropen im Umlauf, die sich ihren Weg in das kollektive Bewusstsein gebahnt haben. Oder vielleicht haben sie sich auch nur in mein Bewusstsein gebohrt, aber das sind schon so Dinge, die ich mit humanoiden Feen in Verbindung bringe (auch, aber nicht nur, wegen den Dresden Files-Romanen, Jonathan Strange and Mr Norrell, dem Fae-Playbook aus Monsterhearts und dergleichen):

  • überirdische Schönheit, gemeinhin schlanker und ‚ätherischer‘ als normale Menschen, ggf. mit katzenartigen Augen oder andersfarbigen Haaren etc. pp.
  • das gegebene Wort ist ihnen mehr als heilig – von ihrer Natur her müssen sie sich an geschlossene Pakte oder gegebene Versprechen halten und ahnden ihnen gegenüber gegebene Pakte und/oder Versprechen strikt, haben sogar größere magische Macht, wenn es um das Einfordern eines Handels/Versprechens geht
  • Feen verwenden gerne die Formulierung „um Jahr und Tag“, sprich ein Jahr plus einen Tag, in ihren Verträgen
  • Feen mögen es gar nicht, Geschenke zu bekommen, weil sie das in ein Schuldverhältnis dem Schenkenden gegenüber bringt; Geschenke müssen also anders ‚verpackt‘ werden, wenn sie keine größeren Komplikationen nach sich ziehen sollen
  • Feen legen extrem viel Wert auf Ehre und Ritterlichkeit
  • Feen sind sehr stark traditions- und regelgebunden, und bei ihnen läuft sehr viel über magische Zahlen.
  • Im Feenreich läuft die Zeit anders: ein paar Tage dort können viele Jahre in der Menschenwelt bedeuten
  • Das Feenreich ist üblicherweise naturverbundener, ‚grüner‘ als die Menschenwelt, und es herrscht dort Magie

Wenn ich als Spielleiterin humanoide Feen darstelle, bemühe ich mich um einen Tonfall des leicht Verzerrten. Bekanntes, ja, aber wie durch ein Prisma gesehen. Teilweise durchaus gruselig, jedenfalls nicht zu vertraut, bzw. keine zu große Vertrautheit aufkommen lassen, ganz gleich, wie ähnlich die Feen den Menschen scheinen mögen. Vielleicht mit bekannten Gestalten arbeiten: Königin Titania und König Oberon, Seelie und Unseelie, die Wilde Jagd? Aber wenn, dann vielleicht (nicht immer und nicht notwendigerweise, aber manchmal vielleicht) auch die etwas anders dargestellt, als man sie üblicherweise kennt. Fleischfressende, mörderische Einhörner? Wege, die auf sich selbst zurückführen? Warum nicht? Gerne der Touch des Surrealen, aber immer mit einem Anstrich großer, uralter Macht. Und es müssen auch nicht immer die klassischen irisch-keltischen Feen sein. Auch andere Länder haben ihre Feentraditionen, die man hier wunderbar einbringen kann.

Als „Feen“ deklarierte Wesen anderer Mythologien

Je nach Setting kann man auch problemlos mythologische Gestalten als Feen in die Spielwelt integrieren, die eigentlich per se gar nicht zu den Feen gerechnet werden. In unserer mitten in den Wikinger-Überfällen auf England angesiedelten Ars Magica-Kampagne beispielsweise haben wir viel mit den klassisch-keltischen Seelie- und Unseelie-Feen zu tun, aber wegen der nordischen Elemente auch mit den Einflüssen von dort. Mein eigener Charakter zum Beispiel ist eine halb-Huldra, aber Huldrer sind tatsächlich recht typische skandinavische Feen, die meine ich hier gar nicht. Stattdessen spreche ich von den nordischen Asen, die in unserem Setting nicht als Götter, sondern als „Nordlandfeen“ kategorisiert sind. Ähnlich könnte man sicherlich auch mit griechischen oder römischen Gottheiten umgehen, wenn es für ein entsprechendes Setting relevant würde. (In einem echten Antike-RPG würde ich Zeus & Co. allerdings nicht als Feen auftreten lassen, sondern ihnen weiterhin die Rolle eines Pantheons geben, aber das nur nebenbei, darum geht es hier nicht.)
Jedenfalls kann man auf diese Weise auch Wesen anderer Mythenkreise in das Spiel integrieren – bei der Darstellung kann man sich hier an die Beschreibung aus den entsprechenden Sagen und Legenden halten oder auch gut eigene Elemente einbringen. Wie immer aber würde ich die Darstellung nicht zu albern werden lassen – ein bisschen comic relief ist schön und gut, aber in völligen Slapstick sollte die Darstellung nicht meiner Meinung nach nicht abgleiten (außer natürlich, man spielt explizit ein überbordend albernes Setting, und das ist genau so und nicht anders gewünscht).

Nicht-humanoide Feen

Diese Kategorie ist größer, umfassender und vielfältiger als die bisher genannten Gruppen von Feen. Das sprechende Einhorn? Der uralte Baum? Der Troll, der Nöck, die Meerjungfrau? Der Schlumpf? Hier kann man sich austoben und alles unterbringen, was sonst nirgendwohin passt. Und auch die Darstellung solcher Charaktere, sei es als SC oder als NSC, wird vermutlich ganze unterschiedlich ausfallen, je nachdem, was für eine Kreatur ich darstellen möchte. Ein wandelnder Stein wird wohl noch langsamer und bedächtiger sprechen, als man sich das von Tolkiens Ents vorstellt; eine Baum-Dryade vielleicht viele Natur-Metaphern verwenden. Hier gibt es also gegebenenfalls auch Potential für Albernheit, oder zumindest für ein wenig Comic Relief, aber auch hier will dieses Stilmittel sehr wohl dosiert sein.

Fazit

Gerade, wenn man Urban Fantasy spielt, bieten Feen sich als bereicherndes Element für die Spielwelt an – aber sogar in der klassischen Fantasy, wo es ohnehin schon Elfen und Orcs und Magiekundige gibt, kann man wunderbar Feen und Feenreiche einbauen. Ganz gleich, wie die Naturgesetze der ’normalen‘ Spielwelt aussehen mögen, ob es dort bereits Magie gibt oder nicht – sobald die Charaktere in eine Feenwelt geraten, ändern sich die Regeln, und man kann mit dem Vertraut-Verzerrten zu arbeiten beginnen. Meine persönliche Vorliebe ist es aber tatsächlich, wenn auch und gerade diese Fernwelten nicht zu albern werden, sondern sich ihre Würde – und gerne eine gewisse Bedrohlichkeit, auch wenn  (oder vielleicht sogar am besten wenn) sie unterschwellig bleibt – bewahren.

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