Fiasco – „Morgen kommt der Weihnachtsmann“

Im Zuge der monatlichen Blogaktion „Karneval der Rollenspielblogs“, dessen Thema im Dezember sich rund um’s Schenken dreht, hat Spiele im Kopf gerade vor ein paar Tagen die Fiasko-Kulisse Morgen kommt der Weihnachtsmann veröffentlicht, bei der es nicht um Vorweihnachtschaos in der Familie geht wie bei mehreren anderen Fiasko-Playsets, sondern bei der am Nordpol ein alter Mann zusammen mit seinen Helferelfen die ganzen Geschenke vorbereitet. Nicht auszudenken, wenn inmitten des ganzen Vorbereitungsstresses ein Wunschzettel verloren geht, eine Spielzeugmaschine ausfällt oder ein Bub aus Versehen auf der Liste der unartigen Kinder landet…

Das klang extrem spaßig, und ich hatte große Lust, die Kulisse gleich einmal auszuprobieren. Nach Weihnachten würde die Luft etwas aus dem Setting raus sein, dachte ich, aber am 23.12. kamen wir tatsächlich ultra-spontan doch noch dazu, die Kulisse gleich zu bespielen. Wie erhofft, war die Session sehr lustig und hat das Spielen viel Spaß gemacht; allerdings war das Playset, wie sich beim Setup herausstellte, auch ein klein bisschen hakelig.

So taten wir uns bei den Beziehungen ein bisschen schwer, die unterschiedlichen Beziehungspaare miteinander in Einklang zu bringen. Wenn man sich den Screenshot vom Spieltisch betrachtet, so fällt auf, dass wir folgende Beziehungen auf dem Tisch liegen hatten:

  • Externe Prüfer vom TÜV
  • Holzschnitzer
  • Osterhase und Osterküken
  • Schönpercht und Schiechpercht

Der eine TÜV-Prüfer sollte also gleichzeitig ein Percht sein, der Osterhase ebenfalls; das Osterküken und der andere TÜV-Prüfer waren gleichzeitig auch als Holzschnitzer vorgesehen. Wir lösten das Dilemma so, dass tatsächlich alle eine Doppelfunktion ausüben mussten: Der Osterhase, der gleichzeitig auch Schönpercht ist, ein Osterküken, das als Holzschnitzer aushelfen muss, ein TÜV-Prüfer, der sich als Schiechpercht tarnt und eine TÜV-Prüferin, die undercover in der Holzschnitzerei unterwegs ist.

Das ging und ließ sich alles irgendwie machen, und es führte auch zu entsprechend lustigen Verwicklungen, aber dass wir auf diese Undercover-Aktionen gekommen sind, könnte auch daran gelegen haben, dass zumindest zwei von uns schon sehr viel Erfahrung mit Fiasko hatten und die anderen beiden immerhin schon ein bisschen. Ich könnte mir vorstellen, dass eine Gruppe, die noch nicht so viel Berührungspunkte mit Fiasko hatte, sich von dem Playset vielleicht ein bisschen überfordert fühlen würde.

Einer der Mitspieler erklärte hinterher, er selbst hätte eine solche Kulisse wohl deutlich böser und zynischer geschrieben (Elfen als Zwangsarbeiter, billige und bisweilen gefährliche China-Deko, kalter Krieg mit dem Osterhasen, usw.), aber gerade zu Weihnachten dürfe es ja auch mal etwas sanfter zugehen. Sinnvoll sei es dann aber, das direkt im Playset anzumerken und auf die Tabellen für Softer Tilt/Aftermath aus dem Fiasco Companion zu verweisen. Und so war es auch für uns schon während des Spiels tatsächlich sehr schnell klar, dass wir sowohl für Tilt als auch für Aftermath die harmloseren Tabellen aus dem Fiasco Companion verwenden würden, da das Playset eben so vergleichsweise harmlos daherkommt.

 

Bei uns ging es um eine Drechselmaschine mit einem Knacks aus dem letzten Jahr, wegen dessen der TÜV-Prüfer Klaus Hoppenstedt im letzten Jahr Ärger bekommen hatte, so dass er dieses Jahr zum Schiechperchtsein verdonnert wurde; um einen Elch, der die Stelle von Rudolf dem Rentier einnehmen wollte, aber für den Riss in der Drechselmaschine verantwortlich war; um ein Osterküken, das endlich Respekt für seine Arbeit haben wollte und dabei bereit war, den Osterhasen in den größten Dreck zu reiten; um einen Osterhasen, der in Mrs. Claus verliebt war (das unerwünschte Geständnis nach dem Tilt) und sich deswegen im Weihnachtsdorf hatte anstellen lassen und einer TÜV-Prüferin, die eigentlich wirklich nur einen Bericht für ihre Auftraggeber schreiben wollte, was aber natürlich alles fürchterlich in die Hose ging.

Im Verlaufe des Szenarios wurden weihnachtlich angemalte Eier im Dorf verschossen, kam ein Liebesbrief an Mrs. Claus in die falschen Hände, ging die Drechselmaschine ganz entzwei, flog der Osterhase auf und verrannte die TÜV-Prüferin sich in dem Versuch, ihren Kollegen in der Konzernzentrale zu rehabilitieren und bekam ihren Bericht darüber nicht mehr fertig.
Ein gutes Ende hatte auch keiner von den Charakteren so richtig: Klaus war zwar wegen des Knackses in der Drechselmaschine rehabilitiert, aber ansonsten fand er trotzdem keinen richtigen Fuß mehr in der TÜV-Prüfer-Gesellschaft; seine Kollegin verlor wegen des verpassten Berichts und wegen der diversen Unregelmäßigkeiten ihren Job, hatte den Glauben an Weihnachten ebenso wie an Ostern verloren und versumpfte vollkommen. Das Osterküken fand keinen Respekt und wegen der verpfuschten Weihnachtsarbeit auch auf den Osterinseln keinen Job beim Eieranmalen mehr, und nur der Osterhase konnte relativ ungeschoren wieder auf die Osterinseln zurück und den nächsten Plan schmieden, Mrs. Claus doch noch für sich zu gewinnen.

Alles in allem dauerte das Spiel nicht ganz so lange, wie ich Fiasko-Runden mit vier Spielern schon erlebt habe: Nach ca. 3 1/2 Stunden waren wir mit dem Setup und dem eigentlichen Spiel durch. Aber anders als bei den letzten Fiasko-Sessions war diesmal auch niemand dabei, dem man das Spiel noch von Grund auf erklären musste, das sparte einiges an Zeit ein, und alles in allem fühlte sich die Länge des Spielabends genau richtig an.
Trotz der leichten Schwächen des Playsets würde ich es jedenfalls durchaus sehr gerne wieder spielen und schauen, wie es mit einem anderen Setup so läuft.

 

 

4 Kommentare

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4 Antworten zu “Fiasco – „Morgen kommt der Weihnachtsmann“

  1. Pingback: [Karneval der Rollenspielblogs] Dezember 2017: „Geschenkter Spaß“ – Abschlussbeitrag | Timber's Diaries

  2. Etwas verspätet ein herzliches Dankeschön für euer Testspiel und das bekritteln der Makel im Szenario. So etwas passiert leider, wenn man in Monatsfrist einen Beitrag leisten möchte…
    Tatsächlich waren gerade die Beziehungen auch das schwerste Viertel, denn in den klassischen zuckersüßen Nordpolgeschichten (mit Absicht mein Vorbild, ohne es in schwarze Satire zu ziehen) beschränkt sich die Bandbreite der Rollen ja nun einmal auf einen dicken Mann und hunderte austauschbarer Helferelfen. Wie beruhigend, dass ihr doch noch etwas daraus zaubern konntet.

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    • Sehr gerne doch, und vielen Dank dir für’s Erstellen!
      Ich finde, es gibt durchaus Platz für beides: schwarze Satire ebenso wie etwas leichtfüßigere Geschichten, und unsere Runde hat mir tatsächlich viel Spaß gemacht. Nur auf die milderen Tabellen hinweisen würde ich im Kulissentext tatsächlich vielleicht wirklich irgendwo.
      Jedenfalls freue ich mich schon darauf, a) dieses spezielle Playset irgendwann mal wieder zu spielen und b) vielleicht noch andere Playsets aus deiner Feder zu entdecken.

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  3. Pingback: [RPG-Blog-O-Quest] Juni 2020: „Abenteuer-Formen“ | Timber's Diaries

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